Tradition
·Wir tragen eine einheitliche Tracht, geben uns die linke Hand mit abgespreiztem kleinen Finger, haben altmodische Ausrüstung, und wir haben einen merkwürdigen Pfadfindergruß. Aber was soll das alles?
Tatsächlich stammen die meisten dieser heutzutage merkwürdig anmutenden Bräuche von Baden-Powell oder sogar noch von den Rittern ab.
Beginnen wir mit unserer Tracht. Bereits die Jungen auf Brownsea Island trugen alle die gleichen Hemden und farbigen Halstücher.
Der Hintergrund dafür ist, dass jeder gleich ist. Egal ob er nun der Sohn eines Lords oder der Sohn (Mädchen kamen später ;) eines Fabrikarbeiters ist. Außerdem ist so für jeden klar erkennbar, dass wir eine zusammengehörende Gruppe sind. Auf der ganzen Welt erkennt man uns auf dem ersten Blick als Pfadfinder.
Die linke Hand, die Hand des Herzens, ist ein Zeichen für absolutes Vertrauen. Zur Zeit der Ritter wurde das Schild immer mit der linken und das Schwert in der rechten Hand gehalten. Traf man nun auf einen anderen Ritter steckte man sein Schwert ein und gab sich die rechte Hand. War dieses Treffen jedoch ein Hinterhalt so konnte man sich wenigstens sofort mit seinem Schild schützen.
Legt man sein Schild bei der Begrüßung ab, steht man dem anderen vollkommen schutzlos gegenüber. Man sollte so etwas also nur dem gegenüber tun, dem man absolut vertrauen kann.
Heute wird einem vermutlich niemand mehr einen Dolch in die Rippen rammen, dennoch ist es immer noch eine Geste des Vertrauens und der Freundschaft.
Der abgespreizte kleine Finger kommt der Erzählung nach aus der Zeit des zweiten Weltkriegs, als die Pfadfinder in den Untergrund gehen mussten. Es war quasi ein Geheimzeichen um einen unwissenden Fremden sofort als Spion entlarven zu können.
Unser Pfadfindergruß wurde ebenfalls von BiPi eingeführt. Die drei ausgestreckten Finger symbolisieren die drei Grundsäulen der Pfadfinderei:
Verpflichtung gegenüber Gott, Verpflichtung gegenüber dem Anderen und Verpflichtung gegenüber sich selbst.
Da wir nicht religiös sondern interkonfessionell bzw. konfessionslos sind könnte man sagen, dass die erste Säule, der Verpflichtung gegenüber Gott auf uns nicht zutrifft. Wir verstehen es aber eher als Festhalten an den eigenen Prinzipien und Werten und Respekt gegenüber den Prinzipien und Werten Anderer.
Der Daumen über dem kleinen Finger steht für den Schutz des Schwachen durch den Starken.
Altmodische Ausrüstung ist ein Zeichen für Verzicht.
Auf Fahrt und im Lager verzichten wir bewusst auf Funktionskleidung, Taschenlampen, moderne Zelte, Handys und McDonalds. Dabei sind doch diese modernen Errungenschaften so praktisch und bequem. Man kann moderne Zelte alleine in wenigen Minuten aufstellen, mit einer Taschenlampe findet man sich nachts im Lager besser zurecht und ein Rucksack ist schneller zugepackt und auch bequemer zu tragen.
Aber genau darum geht es.
Eine Kothe oder Jurte kann man nicht alleine aufbauen. Man muss zusammen helfen.
Bei einem Affen muss man sich genau überlegen was man alles mitnehmen muss oder was man einfach nicht braucht. Auf diese Weise lernt man besser mit anderen zusammen zu leben und zu arbeiten. Außerdem lernt man sich und seine Grenzen genauer kennen und überwinden. Man lernt Selbstdisziplin, Hilfsbereitschaft und Verantwortung.
Das sind alles ritterliche Tugenden. So könnte man also sagen wir sind die letzten Ritter.
Nicht umsonst sagt man Pfadfinden ist kein Hobby sondern eine Lebenseinstellung.